Mitten im Leben angekommen fühlt sich Luke zum ersten Mal wohl in seiner Haut. Er führt eine überaus liebevolle Beziehung, er hat sich mit Tom arrangiert und Arizona ist ihm eine wichtige Freundin geworden.
Nichts kann ihn erschüttern.
Außer das unerwartete Geheimnis, welches im Keller seines Elternhauses ruht.
Auf einen Schlag scheint nichts mehr wahr und richtig zu sein. Und plötzlich ist Lukes Welt dunkler als jemals zuvor.
Seit Arizona mit Thomas und Muffins eingetroffen war, hatte sein Herz aufgehört zu schlagen. Aus dem ersten Antrieb heraus hatte er Thomas umarmen wollen. Doch nach der Begrüßung von Arizona, war London auf dem Plan erschienen, hatte Thomas in Beschlag genommen, sich von ihm streicheln und kraulen lassen und ihn somit von Luke weitestgehend abgeschirmt. Danach war der Moment verflogen gewesen. Darum hatte er sich so weit wie möglich von dem an der Fensterfront von Deans Zimmer festgefrorenen Quarterback entfernt auf die Couch zurückgezogen, von wo aus er den blonden Riesen daumenknabbernd beobachtete. Auch Thomas schien kein Wort herauszubringen. Er starrte lediglich aus dem Fenster, schob seine Hände in die Hosentaschen, zog sie im nächsten Augenblick wieder hervor, verschränkte die Arme und wiederholte den Vorgang. Dass Thomas derart nervös und unsicher sein konnte, hatte Luke gar nicht gewusst. Viel eher hatte er damit gerechnet, dass der Quarterback auf ihn losstürmen, ihn packen und schütteln würde, bevor er ihm befahl nach Hause zu kommen. Doch davon war bislang nichts eingetreten und Thomas‘ Zurückhaltung verwirrte Luke dementsprechend.
„Schöne…“ Thomas räusperte sich lautstark. „Schöne Aussicht hat er.“
„Ja,“ hauchte Luke.
Irgendwie erleichterte es ihn, dass Thomas einen Einstieg in ein oberflächliches Gespräch gefunden hatte. Es verzögerte die ernste Unterhaltung, der er sich nicht gewachsen fühlte. Inständig hoffte er, dass es gar nicht dazu kam.
„Da unten sind immer die Lagefeuerpartys.“
„Echt? Das kann man von hier aus sehen?“
Wenn Thomas seine Überraschung bloß vortäuschte, spielte er seine Rolle zumindest sehr gut. Vielleicht war er auch nur erstaunt darüber, dass Luke ihm geantwortet hatte.
„Im Dunklen natürlich nicht.“ Luke verdrehte die Augen.
Wie vertraut es sich anfühlte über Thomas‘ scheinbare Dummheit zu maulen.
Dieser schnaubte leicht, ehe er sich halb zur Couch umdrehte. „Glaubst du immer noch, dass ich dumm bin?“
„Kein Plan.“
Schulterzuckend führte er seinen Blick, welcher bis dahin auf Thomas‘ Rücken geheftet gewesen war, auf die Kapuzenschnur über seinem linken Knie. Sie hatte ihm schon vorhin einladend zugezwinkert, sie anstelle seines Daumens zwischen die Zähne zu schieben. Nun, da er sie erneut ansah, kam er dem nach, wischte den Daumen seitlich an seinem Oberschenkel ab und seufzte leise. Er war Arizona dankbar dafür, dass sie vorgeschlagen hatte, dieses Treffen hier abzuhalten. In Deans Zimmer fühlte er sich sicher. Außerdem musste Thomas es früher oder später wieder verlassen, weswegen sein Besuch absehbar war, wenngleich die letzten Minuten bereits wie endlose Stunden anmuteten. Vor allem, da sie nicht wirklich miteinander sprachen. Diesen Wortwechsel hätte jeder führen können, unabhängig davon, was zwischen den Gesprächspartner stand oder wie lange und gut sie einander kannten. Das war Smalltalk auf Level eins.