Lukes 17. Geburtstag rückt immer näher - und somit auch das Versprechen, welches Dean ihm gegeben hat. Doch mit jedem Tag fühlt sich Luke unsicherer deswegen. Was mit Mädchen so einfach war, scheint plötzlich unmöglich zu sein. Außerdem ist es vereinbart, gezwungen und... anders.
Alles ist anders.
Und obendrein nervt Jenya mit seiner unnötigen Homophobie. Am liebsten wäre Luke, seinen Hockeykollegen nie wieder sehen zu müssen.
Zu den inspirierenden Klänge von Radiohead, welche durch die Küche zogen und das sanfte Brutzeln der Spiegeleier auf dem Herd beinahe übertönten, mischte sich der unverkennbare Geruch von Triplechocolate-Muffins im Ofen.
„Soll ich French Toast machen?“, fragte Arizona in das Rauschen des Wassers, als sie die Schüssel abwusch, in welcher sie vorhin den Teig angerührt hatte.
Außer einem Football-Jersey und pinken Pantys trug sie nichts. Er selbst hatte ebenfalls auf ausladende Kleidung verzichtet und sich in Boxershorts und Socken in der Küche eingefunden. Schulterzuckend sah er nun zu ihr.
„Wolltest du nicht noch Obstsalat machen?“
„Stimmt,“ bestätigte sie ihm. „Würdest du mir ein paar Früchte kleinschneiden?“
„Sicher,“ nickte er. „Kann ich das nachher machen? Ich wollte doch Tomaten und Mozzarella auflegen…“
„Achso, ja klar.“ Sie unterbrach den Abwasch, um ihm schwach zuzulächeln. „Machst du mir vorher noch einen Kaffee?“
„Gern.“ Den linken Mundwinkel zum Ansatz eines Grinsens verzogen platzierte er Messer und Schneidbrett, welche er soeben vorbereitet hatte, um das Caprese vorzubereiten, auf der Anrichte und schob sich entlang der Platte zur Kaffeemaschine. „Magst du wieder einen mit Zimt?“
„Ja! Und Kakaopulver oben drauf!?“, strahlte sie ihn an.
Den ersten Cappuccino hatte er mit einem kaum zu erkennenden Smiley verziert, als sie unvermittelt in der Küche gestanden hatte. Er war extra früher aufgestanden, um in Ruhe ein gemütliches Frühstück vorzubereiten, das er mit Dean auf seinem Zimmer verdrücken wollte. Daraus war jedoch nichts geworden, da Arizona die Idee so gut gefallen hatte, dass sie sich ihm angeschlossen und gleich begonnen hatte, Muffinteig abzumischen.
„Und eine Zigarette dazu?“, hätte er am liebsten vorgeschlagen.
Vor einigen Wochen hätte er das tatsächlich noch getan, doch in der Zwischenzeit hatte sich vieles verändert. Es fiel ihm noch nicht einmal schwer, sich neben ihr normal zu verhalten, ohne sie ständig ansehen und die Luft anhalten zu müssen, wenn er an ihr vorbeigriff oder ihr auf andere Art und Weise unabsichtlich zu nahe kam.
„Das gibt’s aber nur heute,“ sagte er stattdessen mit einem Zwinkern in ihre Richtung, als er Milch für den Schaum aus dem Kühlschrank holte.
Der Umgang mit ihr wurde immer leichter. Von ihrer Seite kamen nun keinerlei sexuelle Signale mehr, worüber er ehrlich froh war. Nicht, dass er sich jemals noch darauf eingelassen hätte, doch das machte es ihm leichter normal mit ihr umzugehen.
„Da hab‘ ich ja Glück gehabt,“ lachte sie ihm entgegen.
Auf ihrer Stirn, der linken Wange und den Wimpernspitzen hatte sie Mehlspuren, die sich mit jedem Blinzeln und Lächeln bewegten.
„Wie meinst du das?“, fragte er, während er bemüht war, sich nicht auf die weißen Krümel in ihrem Gesicht zu konzentrieren.
„Na, wenn ich nicht mit Tom zusammen wär‘, würd‘ ich nicht in die Vorzüge von deiner Valentinstagsstimmung kommen.“ Vergnügt zwinkerte sie ihm zu, ehe sie die Schüssel in dem dafür vorgesehenen Regal verstaute.
„Du musst ein kleiner Glückspilz sein,“ bestätigte er ihr, ohne näher darauf einzugehen.
Er wollte nicht weiter denken, als bis zu dem Punkt nach ihrer Aussage.
Darum fügte er noch hinzu: „Eigentlich hasse ich den Tag.“
„Genau so siehst du auch aus,“ kicherte sie und kam neugierig näher, um neben ihm auf die Anrichte zu hopsen. „Seit wann bist du eigentlich ein Barista? Oder soll ich Baripster sagen?“
Quietschend zog sie an seinen Haaren.
„Ey!“ Er fuchtelte mit dem Milchlöffel vor ihrem Gesicht herum. „Ich bin weder das eine, noch das andere und schon gar kein Hipster!“
„Niiicht?“ Sie riss die Augen auf, zog ein Bein zu sich auf die Arbeitsfläche und legte das Kinn darauf. „Was denn dann? Ein Emopster?“
„Emo-was?“ Ein Lachen überraschte ihn. „Emopster? Das klingt nach Mops!“
„Dann bist du einer,“ nickte sie mit großen Augen. „Ein Emops!“
„Und du eine Strarbie!“, gab er unvermittelt zurück.
Emops.
Das Wort gefiel ihm so gut, weil es ein sukrilles, ihn zum Lachen bringendes Bild in seinem Kopf auslöste: ein kleiner, fetter Mops mit seiner ehemaligen Frisur und Eyeliner um die Augen.
„Was ist das denn?“ Empört glitt ihr Bein von der Anrichte und gegen seinen Oberschenkel. „Eine Mischung aus Barbie und-“
„Streber,“ sagte er, während er ein wenig Sicherheitsabstand zwischen sie beide brachte.
„Wenn du mich schon so nennen musst,“ zischte sie mit zuckender Nasenspitze, was ihm andeutete, dass sie nur spaßte, „dann mach‘ wenigstens eine Strussi draus!“
„Was?“, prustete er, wobei er vergaß, die Hand vorzuhalten und sie regelrecht anspuckte.
„WÄÄÄH!“, machte sie so angewidert wie möglich. „Ich will deine Spucke nicht mehr in meinem Gesicht haben!“
„Die wolltest du nie haben!“, stellte er lachend richtig. „Du bist einmal komplett ausgeflippt deswegen!“
„Weil du mich wegen Harry ausgelacht hast!“, entgegnete sie mit spitzen Lippen. „Das war ganz was anderes!“
„Jaja, Strussi, ich glaub‘ dir kein Wort!“ Hochnäsig wandte er sich wieder dem Kaffee zu. „Man kann die Wahrheit immer so verdrehen, dass sie einem besser gefällt.“
„Sagte das Emopsi,“ gluckste sie und trat ihn erneut.
„Jetzt bin ich schon ein Emopsi?“, wollte er wissen. „Was kommt als nächstes? Emopsilein?“
„Weiß nicht, was mir noch so einfällt…“ Verschmitzt grinsend sah sie ihn mit einer gewissen Herausforderung im Blick an. „Aber eigentlich finde ich Emopsi schon niedlich genug für dich.“
„Gut, weil ich nämlich beim Strussi bleiben werd‘!“ Er streckte ihr die Zunge entgegen.
„Das war meine Kreation!“, beschwerte sie sich, während sie sich von der Küchenzeile gleiten ließ, um nach den Muffins zu sehen.
„Und das ist meine!“ Mit einem Lächeln schob er ihr die Tasse mit dem fertigen Kaffee entgegen.
Durch das vorangegangenen Gelächter hatte er diesmal keinen Smiley zustande gebracht.
„Ominom!“, grinste sie dem Getränk entgegen. „Danke!“
Ihr Blick hob sich für einen Moment in sein Gesicht.
„Weißt du, für ein Emopsi mit Hipsterfrisur bist du gar nicht mal so übel, wenn man dich nur zum Freund hat.“
„Sagte die die bestechliche Strussi,“ meinte er langsam.
Wie hatte sie das denn nun schon wieder gemeint?
„Komm her.“ Sie breitete ihre Arme aus.
Nur zögernd ging er auf sie zu, und zog sie in einer halbherzigen Umarmung an sich.
„Wenigstens streiten wir uns nicht am Valentinstag.“
„Das ist ein Fortschritt,“ nickte er mit dem Kinn auf ihrem Kopf.
Es war gut, dass sie diese Form der Nähe zuließen. Das musste zur Gewohnheit werden, um noch spielerischer miteinander umgehen zu können.
Auch, wenn sie immer noch umwerfend gut roch.
Auch, wenn er sie selbst nach einer halben Minute nicht aus seinen Armen gehen lassen wollte.
Auch, wenn sie sein Alles hätte sein können.